Erst
seit gut 150 Jahren ist die Eifel zum Gegenstand der Literatur
geworden. Der Landschaft zwischen Bonn, Koblenz, Trier
und Aachen und dem Leben ihrer Bewohner wurde seit der
Erstveröffentlichung der "Eifel Gedichte"
1852, gesammelt und aufgeschrieben vom wandernden Steinguthändler
Peter Zirbes zunehmende Aufmerksamkeit gezollt. Das Interesse
beschränkte sich zunächst im Zuge der deutschen
Romantik auf die Formen der Sagen- und Legendensammlung,
der Heimatlyrik (auch in Mundart), der Reise- und Erlebnisberichte
in durchaus volkstümelnder Gestimmtheit, auf Nachrichten-
und Berichtsanthologien wie dem 1886 erstmals erschienenen
verdienstvollen Jahrbuch des Eifelvereins. Zudem hält
die Veröffentlichungswelle aus Sachliteratur für
Reisende, Fremde und Interessierte in Führern, Bildbänden
und Monografien an. |
|
Bis
hierhin im strengen Sinne von "Eifel-Literatur"
zu sprechen ist nicht unproblematisch. Es handelt sich
im wesentlichen um die für Regional-Literatur typische
Mischung aus Sachliteratur und Belletristik mit all ihren
Klein- und Sonderformen, wie sie auch in anderen Literatur-Provinzen
zu finden ist. |
|
Das
hat sich mit Beginn des 20. Jahrhunderts geändert.
Mit Clara Viebig, einer der erfolgreichsten deutschsprachigen
Schriftstellerinnen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts,
betritt eine Autorin die literarische Bühne, die
mit einer Handvoll Romanen die Landschaft über die
Grenzen von Nordeifel, Schneifel, Vulkaneifel, Südeifel
und Westeifel hinaus bekannt gemacht hat. "Das Weiberdorf",
"Das Kreuz im Venn" gehören zu ihren bekanntesten
Büchern. In naturalistischem Stil schildert sie die
Bedingtheiten und Normen des Lebens ihrer Eifler, den
Emanzipationskampf oder auch nur Behauptungswillen innerhalb
scheinbar starrer Sozial- und Wirtschaftsstrukturen. Die
Eifel als Gegenwelt zu städtisch-behüteter Existenz:
eine raue Landschaft, in der ein ärmliches Völkchen
unter der Knechtschaft spätfeudaler Strukturen und
rigidem Katholizismus darbt . Diese schnell klischeebeladene
Schilderung des westlichsten Westens Deutschlands ist
in der Vergangenheit immer wieder bemüht worden.
|
|
Andere
Themen sind die Schilderung der Kriegs- und Fronterlebnisse
während der "Ardennen-Offensive" 1944,
oder auch die beginnende Industrialisierung im Land der
Bauern und Kleinhandwerker. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts
sind auch einzelne Vertreter der "großen"
Literatur auf die Landschaft, die immer vor allem Wind,
Wald und Soldaten hatte, aufmerksam geworden. Ernest Hemingway,
der 1944 als Kriegsberichterstatter einige Zeit im Dörfchen
Buchet unterhalb des "Schwarzen Mann" lebte,
oder Alfred Andersch, der mit dem Roman "Winterspelt"
dem Dorf Rommersheim bei Prüm ein Denkmal setzte
und einige Jahre auf der Burg Kerpen wohnte, sind hier
insbesondere zu nennen. Aber auch Ursula Krechel gönnte
sich ein Eifel-Stelldichein in einem ihrer Werke. |
|
Eifel-Krimi |
|
Professionelle
Schriftsteller waren lange Zeit in der Minderheit gegenüber
den Lehrern, Beamten, Journalisten, Ärzten - aber
auch Landfrauen und Bäuerlein mit ihren Selbstverlagen
- die den Großteil der rund 220 Eifel-Literaten
stellen, wie sie Dr. Josef Zierden in seinem 1994 erschienenen
Lexikon "Die Eifel in der Literatur" vorstellt.
Ihr Anliegen: Sie bemühen sich oft um eine realitätsnahere
und objektivere Schilderung der Lebensumstände an
Ahr, Prüm, Enz, Kyll und Lieser. |
|
Seit
Mitte der Achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts hat diese
vitale Regional-Literatur allerdings ein Genre hervorgebracht,
das sie einmalig in Deutschland macht. Der "Eifel-Krimi",
wird getragen von wenigen Autoren wie Michael Preute (alias
Jacques Berndorf) und Ralf Kramp. Der 2002 im Hillesheimer
KBV-Verlag erschienene "Eifel-Krimi-Reiseführer"
trägt mittlerweile einer regelrechten "Eifel-Manie"
wie es Ralf Kramp nennt, Rechnung. Das war damals ein
Novum in der deutschen Literaturlandschaft, denn hier
korrespondiert die Eifel-Literatur mit dem Tourismus-Ziel
Eifel und nimmt so wenn auch unter anderen Vorzeichen
die Tradition aus den Anfängen der Eifel-Literatur
Mitte des 19. Jahrhunderts auf. "Eifel-Krimis"
sind heute bundesweit bekannt und haben eine Auflage von
mehreren Millionen. |
|
Kennzeichen
der Romane von "Jacques Berndorf" oder Ralf
Kramp ist eine soziologisch orientierte Erzählweise
und eine exakte, detailreiche Darstellung der Orte und
des Geschehens. Preute legt seinen Büchern oft reale
Vorkommnisse zugrunde, die auch zeitaktuell sein können.
Seine jüngsten Veröffentlichungen behandeln
unter anderem die dubiosen Geschäfte und Verwicklungen
rund um den Ausbau des Nürburgrings oder auch die
Geschäftsinteressen der Lava-Industrie. Bei Ralf
Kramp kommt eine karikaturhafte Überzeichnung der
Charaktere und ein anekdotischer Erzählstil, insbsondere
in den Kurzgeschichten, hinzu, die seine Arbeiten sehr
unterhaltsam machen. |
|
Literaturfestival
und Wanderweg |
|
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts bis Mitte des 20. Jahrhunderts
war die Region allenfalls virtuell in der Bibliothek des
Eifelvereins auf der Genoveva-Burg in Mayen mit ihren
mehr als 5000 Titeln zu finden. Seit Mitte der Neunziger
Jahre sind die literarischen Zentren der Regionalliteratur
hingegen klar erkennbar: Prüm und die Vulkaneifel. |
|
1993
wurde in Prüm das alle zwei Jahre stattfindende "Eifel-Literatur-Festival"
ins Leben gerufen, das mittlerweile zum größten
Literaturfestival in Rheinland-Pfalz, und einem der größten
in Deutschland geworden ist. Förderpreisträger
1996 war Ralf Kramp, einer der ersten Preisträger
Michael Preute (Jacques Berndorf) - also die Protagonisten
des neuen Genres. Festival-Initiator ist einer der wichtigen
Homme-de-lettres in Sachen Eifel-Literatur, der schon
erwähnte Josef Zierden aus Prüm, der das Festival
in den vergangenen Jahren allerdings in die Beliebigkeit
eines "Literaturfestivals" mit dem üblichen
Staraufgebot der Großautoren manövriert hat.
Die "Eifel" des Titels ging dabei verloren.
Näher an der Region - und wiederum eng mit dem "Eifel-Krimi"
verbunden - sind kleinere Veranstaltungsreihen wie "Blutspur
- Das Krimi-Wochenende in der Eifel", "Tatort
Eifel" oder das im Herbst veranstaltete "Abendgrauen"
in Kerpen (Eifel). |
|
In
Prüm hat der in Sachen Eifel-Literatur und Regionalgeschichte
so wichtige "Geschichtsverein Prümer Land"
mit seiner bundesweit preisgekrönten Vereinszeitschrift
"Prümer Landbote" und einem Sachbuchverlag
seinen Sitz. In seinen Bemühungen um Dokumentation
sozio-kultureller Geschichte, literarischer Zeugnisse
und sprachwissenschaftlicher Arbeit steht der "Geschichtsverein"
in gewisser Weise in einer Jahrhunderte alten Tradition,
die von den mittelalterlichen Skribenten der einst mächtigen
Benediktinerabtei in Prüm begründet wurde. |
|
Das
aktuelle literarische Zentrum der Region ist allerdings
die in vielen "Eifel-Krimis" als Setting gewählte
Vulkaneifel zwischen Mayen, Daun und Gerolstein. In Hillesheim
ist das "Kriminal-Haus" mit dem "Krimi-Archiv",
der bundesweit größten Präsenzbibliothek
in Sachen Kriminalliteratur. Ausgehend von der Literatur
zu Mord & Totschlag hat sich eine kleine Tourismus-Industrie
gebildet, die Eifel-Krimi-Wanderwege und -Wanderungen
anbietet, oder auch das "Krimi-Hotel" mit Themenzimmern.
Und tagsüber lädt das Hillesheimer "Cafe
Sherlock" mit Thementischen zu Agatha Christie oder
Francis Durbridge ein. |
|
Im
besten Sinne ist es heute in der Vulkaneifel zu einer
Wechselbeziehung und Überlagerung zwischen einer
Region und einer literarischen Form gekommen. Weshalb
sich die Kleinstadt Hillesheim werbewirksam zur "Hauptstadt
des Verbrechens" erklärt hat. |
|
|
|
Beitrag zum "Literarischen
Salon" 2002 (2011 aktualisiert) |
|
Hierzu auch: >>
"Meine Morde sind eher hausbacken" - Interview
mit Krimi-Autor Ralf Kramp |